Ein Vogel ist …

ein vogel ist …

ein vogel ist ein vogel ist
ein vogel
singt im herzen der welt was gottes
und unergründlich ist

sein corpus voll luftiger räume
hohlknochen blasebälger
so dass er steigen und steigen kann
ohne vom himmel zu fallen –
seine syrinx liedergerschwängert
federleichte gefiederträume
im strom der lüfte schwingend

unlösbar das alles ein rätsel
wie herz wie gott wie welt wie
tod – geschweige denn leben!

bleibt nur loslassen
oder singen
oder
einem vogel zuhören
der leichthin im singen das rätsel löst
das er selber ist

Ätna

Ätna

endlos im aufstieg begriffen
immer den rauchzeichen nach
ankunft
niemals und doch
den flammen näher denn je

ätna glatzköpfiger alter
gorgon voller flugaschenglut
esskastanienumkräzter
feuermoloch der sich wälzt im
eignen geschmolzenen
fleisch
worin das zyklopenaug kocht

larvenhaut: lavaverbrannte:

was sich entzündet an dir
nie kehrt es zurück zur
verlorenen
form



das geheimnis

das geheimnis

lange gespäht
gebohrt geforscht:
es bleibt
unentschlüsselbar

so offenbar verborgen
so hochmohnrot leuchtend
und lodernd
dass der blick unversehens
den schleier nimmt

alle schlüssel die ich
in händen hielt
lösten sich auf in dunst
und flogen als
distelsamen davon

mir bleiben nur die lieder
der bäume und wilden vögel
und die wissenden
stimmen der kinder
fremdzüngig allesamt
die es mir in die ohren rauschen
so verborgen so offenbar
dass ich nichts anderes kann
als lauschen lauschen
und lauschen

rattenpfiff

rattenpfiff

container halten mauloffen feil
tag unter: die nachtschwadron
rückt an das
nacktgeschwänzte regiment
seine langen barthaare hissend
besteigt es tausend containerthrone
wo fäulnis die knöchelchen
schwingt und nacht ihr loddergelumpe
lüpft aus plaste elaste kadavermüll
und das heer an den abfallbusen drückt
den überfließenden fetten – das
nagt und schmatzt und vergoustiert und
hört den spielmann nicht
der lockend die fängerflöte bläst –
ihm folgen nur die kinder der welt
ins sesam öffne dich nicht …
die grauen
pfeifen sich eins
nicht jede wenn der morgen blaut
schlüpft in ihr kloakennest zurück
sondern
hockt sich auf ihre hinterbeine am
sockel des obelisken
die vorderpfötchen zur brust
gefaltet
pfeift allem was da vorübertreibt
die pestilenz an den hals



junijuchzer

junijuchzer

im grün über grün der quell
der sich nicht finden lässt
ist immer da samt quellnymph
tarnt sich mit schillernden
schleiern aus wind
kichert
verlacht meine mühseligkeiten

ich sollte das stöbern lassen

weiß ja man kann das wunder
nur ohne frommen firlefanz
wie die kinder verpurzelbäumen
oder im trampolin
mit hochgezogenen springfüßen treten
wie den wind die luft das garnichts
bis es wippt und mit sorglosen juchzern
über alles taube geschneck hinweg
mich tiefer verstört und betört

herzwurzeln pflanzen

herzwurzeln pflanzen

in feuerstürmen verschwinden?
in schmelzwassern untergehn?
no!

lass uns lieber herzwurzeln pflanzen
dicht unterm bogen des
sonnenstrichs
da wo sich wildnis und ödnis
begegnen

herzwurzeln
unsere keimmütter
ich lege die blaue feder
des spähervogels dazu:
er wird’s uns
mit sicherheit künden
wann denn?
irgendgewiss!

wenn die ersten herzblätter sprießen
das kann lange dauern?
ja!

so lange bis sich der sonnenbogen
wieder um unsere herzkeime
schließt
so dass sie ins kraut schießen können
und keiner sie mehr
vergisst

wünsche und träume bevölkern die luft

wünsche und träume bevölkern die luft

unsichtbar
unausrottbar
immer präsent

die der vögel sind federleicht versteht sich
und meistens von winden zerzaust,
die der menschen erdenkloßschwer
und klebrig,
die der schlangen zusammengerollt,
verknäult die von hunden und katzen.
insekten träumen schillernd bunt
und ihre winzigen wünsche
können nicht mal ein lüftchen kräuseln.
plump kommen die saurierträume daher
die uns nie verlassen haben
zackig wunschlos leer

der wind bläst durch alle hindurch
spielt damit
reibt und stößt sich daran
gibt ihnen laut
macht wetter aus träumen und wünschen
das niemand erklären kann

schließ die augen
lass sie alle
mit deinen flatternden lidern spielen
hör ihnen zu
sag nichts
sag nichts
und sing mit ihnen dein lied

gedenken

gedenken

totensonntage brauche ich nicht.
nachfahrin derer
die schornsteine aufrichteten
um vernichtende
todesfugen zu feiern
und nun in mir spuken, sprachlos
versuche ich, nachfahrin, nachtfahrerin
die asche
aus meinen ohren zu klauben
den staub
zu nesteln aus augen und haar

um sie im gedenken zu bergen

zur weisheit und wohlfahrt kommender
damit ihnen leben glückt