Ätna

Ätna

endlos im aufstieg begriffen
immer den rauchzeichen nach
ankunft
niemals und doch
den flammen näher denn je

ätna glatzköpfiger alter
gorgon voller flugaschenglut
esskastanienumkräzter
feuermoloch der sich wälzt im
eignen geschmolzenen
fleisch
worin das zyklopenaug kocht

larvenhaut: lavaverbrannte:

was sich entzündet an dir
nie kehrt es zurück zur
verlorenen
form



das geheimnis

das geheimnis

lange gespäht
gebohrt geforscht:
es bleibt
unentschlüsselbar

so offenbar verborgen
so hochmohnrot leuchtend
und lodernd
dass der blick unversehens
den schleier nimmt

alle schlüssel die ich
in händen hielt
lösten sich auf in dunst
und flogen als
distelsamen davon

mir bleiben nur die lieder
der bäume und wilden vögel
und die wissenden
stimmen der kinder
fremdzüngig allesamt
die es mir in die ohren rauschen
so verborgen so offenbar
dass ich nichts anderes kann
als lauschen lauschen
und lauschen

rattenpfiff

rattenpfiff

container halten mauloffen feil
tag unter: die nachtschwadron
rückt an das
nacktgeschwänzte regiment
seine langen barthaare hissend
besteigt es tausend containerthrone
wo fäulnis die knöchelchen
schwingt und nacht ihr loddergelumpe
lüpft aus plaste elaste kadavermüll
und das heer an den abfallbusen drückt
den überfließenden fetten – das
nagt und schmatzt und vergoustiert und
hört den spielmann nicht
der lockend die fängerflöte bläst –
ihm folgen nur die kinder der welt
ins sesam öffne dich nicht …
die grauen
pfeifen sich eins
nicht jede wenn der morgen blaut
schlüpft in ihr kloakennest zurück
sondern
hockt sich auf ihre hinterbeine am
sockel des obelisken
die vorderpfötchen zur brust
gefaltet
pfeift allem was da vorübertreibt
die pestilenz an den hals



junijuchzer

junijuchzer

im grün über grün der quell
der sich nicht finden lässt
ist immer da samt quellnymph
tarnt sich mit schillernden
schleiern aus wind
kichert
verlacht meine mühseligkeiten

ich sollte das stöbern lassen

weiß ja man kann das wunder
nur ohne frommen firlefanz
wie die kinder verpurzelbäumen
oder im trampolin
mit hochgezogenen springfüßen treten
wie den wind die luft das garnichts
bis es wippt und mit sorglosen juchzern
über alles taube geschneck hinweg
mich tiefer verstört und betört

herzwurzeln pflanzen

herzwurzeln pflanzen

in feuerstürmen verschwinden?
in schmelzwassern untergehn?
no!

lass uns lieber herzwurzeln pflanzen
dicht unterm bogen des
sonnenstrichs
da wo sich wildnis und ödnis
begegnen

herzwurzeln
unsere keimmütter
ich lege die blaue feder
des spähervogels dazu:
er wird’s uns
mit sicherheit künden
wann denn?
irgendgewiss!

wenn die ersten herzblätter sprießen
das kann lange dauern?
ja!

so lange bis sich der sonnenbogen
wieder um unsere herzkeime
schließt
so dass sie ins kraut schießen können
und keiner sie mehr
vergisst

gedenken

gedenken

totensonntage brauche ich nicht.
nachfahrin derer
die schornsteine aufrichteten
um vernichtende
todesfugen zu feiern
und nun in mir spuken, sprachlos
versuche ich, nachfahrin, nachtfahrerin
die asche
aus meinen ohren zu klauben
den staub
zu nesteln aus augen und haar

um sie im gedenken zu bergen

zur weisheit und wohlfahrt kommender
damit ihnen leben glückt

wargames

wargames

2001

es wird wieder mal
einmarschiert
hexenjagd?
peanuts!
apokalypse now …

phoenix im sperrfeuer
bruzzelnd
gerupftes huhn, armes
geschmacksfäden in den lefzen ringsum
rudelgesetz

please don’t speak foreign
languages
it might be …

(alle federn verstreut)

might be wrong

und bruzzelt
poor beast
nackt
die asche
lässt auf sich warten


menetekel

menetekel

frühe zeit, ins schwimmbad gelagert
wo friedliches flugzeuggebrumm
mich tiefer eintauchen ließ
in knallblauen sommergenuss.
damals die zeichen nicht erkannt.
heute unter bayrischem himmel
keine sorge dass dem blau
auch wenn es sich wolkenlos wölbt
das weiße ausgehen könnte:
himmelsschreiber und wolken-
schieber malen stündlich aufs neue
das menetekel ins blau, ins grau: netze
die leuchtend den himmel durchkreuzen
mit schmierigem gummi das blau aus-
radieren und spuren um spuren ziehen:
zeichen des großen networks
kleb- und giftfäden die wir spinnen
und kreuz und quer enger spannen
damit er nicht mehr durch die maschen
schlüpfen und weiter mit atemberaubender
weiße genährt und gestopft werden kann:
der tod friedlicher sommerbläue
über uns und allem was kommt

haut

haut

protein und subcutis
vena voll hämoglobin
kenn ich doch nicht das gerüstwerk
meiner haut rotweiß fahlgrün

zwischen papillen und spalten
zerkreist und zweigt globusstumm
was wir nicht halten können‘
und was uns hält um und um

in solchen eiweißhöhlen
flackert ein wehrfeuer weiß
drinnen friert wenn ich erröte
ein fiebergefunkel zu eis

toll rollt in erbalten bahnen
bauend und ungestalt
was scharfe linsen verhehlen:
vermoderte sonnen vom schachtelhalmwald