grillen kratzen am unsichtbaren

grillen kratzen am unsichtbaren

sagt Nelly Sachs und das stimmt:
insekten waltrompeten
geheul von hyänen und welpen
kratzen schaben zupfen
zuzzeln am stets verhüllten
das sich unseren
blicken entzieht.

aber vögel

wurzelnd im bodenlosen
können mit ihren
gefiederten stimmen
späne abhobeln vom
unsichtbaren
neumen notate
glitzersplitter

für unser ohrenlicht

der aufbruch

der aufbruch

fortgeschwemmt aus dem süßen
schlummer im humus der zeit
trieb ich auf windiger düne
ins delta der wirklichkeit

drückt mir auch schwer auf den stecken
das höllische himmelsrund
noch wohnen mir algen im becken
schon schwillt mir fleisch im mund

hingerissen vom grünen
wasser der wanderzeit
schwärm ich hinaus mit der meute
zum strand der unendlichkeit

gehöre ich denn hierher

gehöre ich denn hierher

unter dieses massive dach das den regen nicht schlucken kann
unter diese prächtigen früchte die mit der reife zu faulen beginnen
unter diese gleichschrittmenge deren artgesetz
mich zwingt zu lachen wenn ich schönes töte:

erhöre mich geist aus dem unbehausten waldland
die weiche glätte meines sessels schmerzt mich
ich sehne mich nach einem morschen baumstumpf
sehne mich
nach larven käfern die ans licht gestiegen kommen:
zu führen mich in ihr

gesichtsloses reich

trottellummen

Trottellummen dicht an dicht, Helgoland

trottellummen

wassergeschöpfe
aus not die brut auf schmalen
felsenbändern gewagt
eng an eng
das ei zwischen absturz und schlupf
auf den füßen ausbalanciert

darüber
von wind und echo geformt
die stimmen tausender existenzen
blind eingefügt ihrem schicksal
das die felsen umkreist

jeder schritt in den abgrund
vom flügelschlag aufgefangen

das können die küken nicht:
hungern und sterben oder
fall
in die tiefe –
schrill ihre stimmen
überm bass der alten
schwellenlaute der angst

zögern und zaudern
lang

am ende
schneller sprung
ins leere

leichgewicht
preisgegeben dem wind:

glück
wenn in sinkender nacht
endlich
die landung gelingt

der falke

Turmfalke im Winter, Abflug

der falke

schöner flieger
zeitdurcheiler
feldmäuse kleine vögel
verlieren ihr leben
füttern seins

greifspur im schnee
schnell verwischt

kompassnadel der wind
der ihn trägt ins rasende
sturzab

auf der grenze
des horizonts balancierend
durchpfeilt er
die schallmauer augenblick

rüttelt
rüttelt mich wach

tordalken

Tordalken, kopulierendes Paar

tordalken

triumf des augenblicks
wenn der same in die
kloake schießt

kein ich nur bersten
im fluss der kräfte die
gleich gültig wem
das weltall durchziehn

empfangen
verströmen
empfangen

glück der copula
um das der rote felsen
kreist bevor er
die wunde umschließend
im schoß der vogelin

dem wunder zwischen
wasser und wind
die steinige flanke reicht

turteltauben

Turteltauben, turtelnd

turteltauben

im weinberg die farben des rosmarin
flammend
deuten das himmelsblau um

auf kahlem sitz
von wärme umflossen
das turtelpaar
gurren schnurren und gurren

lieder aus alten zeiten:

jedes dorf
solange im sommer
die jagdflinten schwiegen
seine taubenreviere bergend:
horte friedlicher zärtlichkeit
im flüchtigen augenblick

am abhang der rote lehm
von bienenfressern durchlöchert
hält den stimmen sein lauschen hin:

speichert sie wie die sonnenwärme
als fundus für härtere zeiten
wenn gurren und schnurren

gänzlich verstummt

stare

stare

da oben
ausbalanciert
nie allein
jeder
star unter staren

pfiffe umkurven
das kirchendach

dem engel
festgeschmiedet am kreuz
biegen sie töne für
seine posaune bei

improvisationen der freiheit
starenimpromptu

segeln
im schatten des falken
flügel weit ausgebreitet
hinunter
aufs scheunendach
lassen pfiffe zurück

der engel bleibt allein

mein land

mein land

mein land liegt zwischen
den flügeln der vögel
fliegt mit ihnen himmelwärts
kehrt wieder zur erde zurück

singt ihre lieder
vom großen blau

im herbst rollt es sich
in ein leeres nest
wartet
geschüttelt von
winterwinden
auf schreie
ziehender vögel

die es wieder
aufsteigen lassen

mein land
zwischen vogelflügel
gebettet
mein blaues land das mich nie
vergisst