Weihnachten und die Botschaft der Vögel

Weihnachten und die Botschaft der Vögel

Einstimmung zu „Lieb Nachtigall wach auf“, einem Konzert mit Vogelstimmen am 10.12.2022 im alten Rochlhaus Thaining

Kinderzeichnung des Koburger Ensembles Kunterbunt zu „Die frohe Weihnachtsbotschaft der Vögel“

Weihnachten ist – wenn wir uns nicht vom Konsum ersticken lassen – eine Zeit der Hoffnung und der Wunder.
Gerade jetzt, in einer Zeit voller Unruhe, Unsicherheit und Angst, ist es wichtig, sich daran zu erinnern.
Wir feiern mit der Geburt Jesu die Hoffnung darauf, dass es in dieser Welt Erlösung gibt. Wir feiern die Hoffnung auf das Ende der Dunkelheit und auf die Wiederkunft und Wiedererstarkung des Lichts. Mit anderen Worten: Wir feiern die Hoffnung auf ein Wunder.

Die Natur, und nicht zuletzt die Vögel, sind ein Teil dieses Wunders – im Grunde sind sie Wunder pur, wenn wir ihnen mit offenen Sinnen begegnen.

Flügelrauschen im Herbst: Ringeltaubendurchzug in der Feldmark

Vögel bewegen sich mit Leichtigkeit durch die Luft. Sie setzen sich auf irgendeinen Ast und singen los, als wären sie in einem Konzertsaal. Sie sind bei aller Annmut frei und wild, wie es im Lied „Es saß ein klein wild Vögelein“ besungen wird. Sie brauchen keine mit Gold und Silber umwundenen Flügel, und Käfige schon gar nicht. Und die Menschen haben ihnen immer gern zugehört.

Dennoch sind Vögel auch von der sogenannten zivilisierten Menschheit Jahrhunderte lang gejagt und gefangen worden.
Das kleine Volkslied vom Zeiserl, das in einen Käfig gelockt wird, ist ein Hinweis darauf, dass es bei uns lange Zeit in fast allen bürgerlichen Stuben in winzige Käfig gesperrte Singvögel gab, um deren Befinden sich kaum jemand kümmerte: Hauptsache, sie trällerten schön.
Das zumindest ist hier bei uns vorbei – Wildvögel dürfen nicht mehr für private Belange gefangen und gekäfigt werden.
Aber leider, die Verfolgung geht weiter. Mittelbar bei uns durch die intensivierte Landwirtschaft – wer kennt schon noch aus eigener Anschauung Kiebitz, Braunkehlchen, Wiesenpieper? Oder gar eine Uferschnepfe?? Darüber hinaus werden unsere Zugvögel auf ihren Wanderwegen in größerem Maßstab denn je gefangen und vernichtet. Der LBV hat sich deshalb dem Komiteee gegen den Vogelmord angeschlossen.

Aber das ist heute nicht unser Thema.
Unser Thema ist, dass Vögel ein Teil des Wunders sind, das uns umgibt. Sie verbinden sichtbar und hörbar Himmel und Erde, und ihre Gesänge sind im Grunde, wie alle Musik, die nicht nur die Nerven triggert, Licht. Ohrenlicht, das sie vom Himmel herunter holen.
Kein Wunder, dass gerade in Weihnachtsdarstellungen Vögel zusammen mit Engeln singend die Krippe umschwirren!

Besonders imponiert mir an Vögeln – gerade den begabtesten unter unseren Sängern wie Amseln, Rotkehlchen, Nachtigallen – dass ihre Brutreviere genau genommen Klangreviere sind, die sie kraft ihrer Gesänge abstecken und deren Grenzen sie wechselseitig respektieren.

Ein Star singt bei Sonnenaufgang auf einem Stadel im Dorf

Mit ihren Kontergesängen, besser: Wechselgesängen, markieren Singvogelhähne nicht nur ihre Reviere, sondern sie stimulieren sich die gegenseitig und gleichen ihre Lieder sogar einander an. Frieden schaffen ohne Waffen, das ist im Grunde ein Motto der Vögel – und eine echte Weihnachtsbotschaft.

Vögel haben schon vor mehr als 30 Millionen Jahren ihre Schnäbel gewetzt. Ihre vielfältigen Laute, ihre Urmusik haben die Evolution der Menschheit von Anfang an begleitet – während des langen Übergangs vom Affen zum Menschen wie auch im gesamten Verlauf ihrer Kulturgeschichte.
Deshalb gehören Vögel, die Vielfalt ihrer Stimmen und die innere Stille, die sie verbreiten, unlösbar zu jenen Umweltbedingungen, die unsere Gesundheit, unser inneres Gleichgewicht stabilisieren.
Während Lärm und Kriegsgeschrei es nachhaltig zerstören. Ein stummer Frühling, in dem sich kein Vogel mehr rührt, ist deshalb nicht nur für Vogelliebhaber eine erschreckende Vision.

Olivier Messiaen, der große Musiker und Vogelkenner des 20. Jahrhunderts, schrieb:
Was mich am meisten erneuert hat, ist, glaube ich, mein Umgang mit den Vögeln. Das hat viele Leute zum Lachen gebracht … Sie glauben, dass es „niedrige“ Tierarten sind … . Das ist vollkommen idiotisch. … Als ich mich mit den Vögeln befasste, habe ich begriffen, dass der Mensch so viele Dinge nicht erfunden hat, sondern dass so viele Dinge schon vorher um uns herum in der Natur existierten – nur hat man sie nie gehört.
Zum Beispiel hat man von Tonarten und Modi geredet – die Vögel haben Tonarten und Modi. Man hat auch viel … von Viertel- und Dritteltönen gesprochen – die Vögel machen diese kleinen Intervalle. Auch hat man seit Wagner viel von Leitmotiven geredet. Jeder Vogel ist ein lebendiges Leitmotiv, weil er seine eigene Ästhetik und sein eigenes Thema hat. … Sie machen auch viel kollektive Improvisation, auch Glissandi. Die Neumen des Gregorianischen Chorals finden sich in den Gesängen der Vögel. Ich habe den Eindruck, dass sie alles gefunden haben, sogar die Mischungen von Klangfarben, die man heute sucht, und Nachhalleffekte

Hören wir uns ein paar ihrer musikalischen Kunststücke an!

1 Starengesang im Dorf mit Glissandopfiffen und Imitationen:

Auf die Pfiffe folgen Hennengegacker und -lockrufe (0:12) – Pirolgesang à la nature (0:19 f) und modifiziert (0:23 ff) – rauer Pirolruf ( 0:22 ff) – Kuckucksterz, leise (0:30 f)


2 Gelbspötter mit Amselschimpfen

Ein Gelbspötter in einem Hagenheimer Garten am Rande der Feldmark schimpft mitten in seinem Gesangsstrom wie eine Amsel

3 Amsel mit „Tonleiter“

Eine Amsel singt eine „schwarzgedrosselte Tonleiter“ – dies ist keine eigene Tonaufnahme, sondern ein Handyaufnahme, die ich aus Babelsberg, Potsdam bekam

4 Amsel mit Flötenmotiv

Diesem Amselhahn habe ich in unserem Garten einen Frühling lang beim Vervollkommnen seines schönen Flötenmotivs zugehört!

5 Nashornvogellachen im Regenwald

Am letzten Tag unserer wochenlangen Streifzüge durch den malaysischen Regenwald überrascht uns ein Helmeted Hornbill mit seinem verrückten Lachen.

Schildschnabel – Helmeted Hornbill. Ein Foto von René Merimba

Eine seltene Tonaufnahme – reines Voglerglück! – wohl nur noch im tiefsten Dschungel zu hören. Denn der Schildschnabel wird seines großen Schnabelaufsatzes wegen verfolgt – um daraus läppische Schnitzereien anzufertigen, die keinerlei Wert haben, gemessen an der Herrlichkeit dieses Vogels!
Sehen konnten wir ihn kaum, er saß oben in den dichten Baumkronen und war nur schemenhaft zu sehen, als er mit wuchtelnden Flägelschlägen abflog

6 Trillersingdrossel

Triller sind auch in der Vogelmusik sehr beliebt – diese Singdrossel sang ein paar Wochen lang am Krötenweiher Thaining den trillerndsten Triller, den ich je gehört habe


7 Schamadrossel mit Koloratur

Auch eine seltene, glückhafte Tonaufnahme, mitgebracht von einem unserer Streifzüge durch den malaysischen Regenwald. Diese Drossel wird ihres großartigen Gesanges wegen ebenfalls verfolgt und gekäfigt und ist deshalb streng geschützt

8 Berliner Nachtigall, Mitternachtsgesang

In Berlin, der Stadt der Nachtigallen, sitzt im dunklen Volkspark hinter der Mauer zur Straße hin eine Nachtigall und singt, schlägt, schluchzt mir bis weit nach Mitternacht unentwegt ins Mikrofon

9 Ein ROTKEHLCHEN im Garten singt „Stille Nacht“
Und zum Schluss noch einmal das Rotkehlchen, das zu Anfang unseres Konzerts leise zum Lied vom bitteren Winter gesungen hat.
Vögel singen ja so schnell, dass wir mit unserem Gehör gar nicht alles erfassen können, was sie dabei zum Besten geben. In diesem Jahr habe ist mir die Bekanntschaft mit dem Musiker Johannes Quistorp und seinem Klangkosmos Vogelgesang zugeflogen. Ich habe ihm die Rotkehlchen-Aufnahme geschickt, und er hat sie bis zu 16-fach verlangsamt – dabei werden die Klänge naturgemäß nach unten oktaviert.
Und nun hören Sie mal, was zu unserer Überraschung bei der Verlangsamung herausgekommen ist:

00:02 Originalstrophe – 00:07 2fach – 00:17 4fach – 00:34 8fach – 01:04 16fach verlangsamt. Das Stille-Nacht-Motiv wird so schnell gesungen, dass es erst bei 8facher Verlangsamung am Ende der Strophe zu hören ist. Ab 01:54 ist es in viermaliger Wiederholung angehängt

Da kann man sich nur an Olivier Messiaen erinnern: … so viele Dinge (haben) lange vor uns in der Natur existiert – nur hat man sie nicht gehört!

Im Deutschlandfunk gab es Ende letzten Jahres einen Beitrag zur Tierkommunikation, mit der sich ein Wiener Forscherteam beschäftigt: Universelle Melodien – die Sprache der Tiere ist eigentlich Gesang.
„Wir begehen einen Fehler, sagen sie, wenn wir automatisch annehmen, dass Tierkommunikation Sprache ist. Diese Idee hält uns davon ab zu sehen, dass es in vielen Fällen – nicht nur im Vogelgesang, sondern auch bei vielen anderen Tierarten – eher eine Art Musik ist.“
Da geht es weniger um präzise Bedeutungen als vielmehr um emotionale, effektive Gruppenkommunikation. Wir sollten also weniger danach fragen, wie wir mit Tieren sprechen können, sondern es wäre produktiver zu denken: Wie können wir mit Tieren singen? Dann stehen uns Übereinstimmungen zur Verfügung, die uns bei Sprache fehlen.“
Gemeinsam musizieren – vielleicht liegt es daran, dass uns so viele Tiergesänge so tief im Innern berühren. Die Natur ist ein Konzerthaus.

Und die Botschaft der Vogel- und Tiergesänge – nicht nur an Weihnachten – heißt Frieden!

Konzertausklang im Rochlhaus am 10. Dezember 2022


Deshalb haben wir zum Schluss alle zusammen den Friedensgruß des Francesco von Assisi gesungen, auf Italienisch, Arabisch und Hebräisch: Pace e bene, Assalaam´aleikum, Schalom alachem

Konzertausschnitte von Lieb‘ Nachtgall wach auf!, insbesondere die El Cant dels Ocells, werden demnächst unter Vogelstimmen – Musik der Vögel – eingestellt

Der Kuckuck und alle „Kehlchen“ sind zurück gekehrt

Der Kuckuck und alle „Kehlchen“ sind zurück gekehrt

20. April 2022

Im kleinen Feldgehölz, wo unter hohen Fichten, Eichen und Buchen schön blau gefärbte Eierschalen liegen, fast hühnereigroß, und wo unter der geschlossenen Decke der Baumwipfel eine eigenartig intime Atmosphäre herrscht, ist schon das seltsam klappernde Bettelgeschrei junger Graureiher zu hören. Es klingt ein wenig wie Storchengeklapper, besonders, wenn es an Lautstärke zunimmt, und wird doch nicht mechanisch, mit Schnäbeln, sondern vokal hervorgebracht.

♫ aus einem der Reiherhorste ertönt schon das klappernde Bettelgeschrei hungiger Graureiherküken ♫

Unter meinen Füßen welliges Gelände. Ich steige vorsichtig über Baumwurzeln und heruntergebrochene Äste, fahnde nach blauen Eierschalen, höre dem Sommergoldhähnchen zu, das verborgen da oben über mir singt. Ein leises Lied, ein hohes Lied, jedenfalls der Tonlage nach.

♫ leiser hochfrequenter Gesang eines Sommergoldhähnchens im „Graureiherwald“ ♫

Die kurzen Strophen beschleunigen sich zum Ende hin, steigen in der Tonhöhe leicht an und enden mit zwei, drei zarten Trillern. Im Hintergrund schackern am Anfang Wacholderdrosseln, sie haben hier eine kleine Brutkolonie. Ab 00:51 läutet eine Kohlmeise, ein Buntspecht klopft, ab 00:52 sind kurz die Flugrufe eines Graureihers zu hören

Er ist wieder zurück!

Ich nehme auf, versinke ins Hören – und fahre hoch. Da ist er, da ruft er zum ersten Mal, mischt seine Terz ins Frühlingsgeschehen: der Kuckuck ist wieder da!
Glücklich ist er über die Sahara gelangt, allein!, und jetzt, überpünktlich, zwei Tage vor dem traditionellen“Kuckuckstag“ – das ist nämlich der 15. April – in sein Sommerrevier zurück gekehrt. Aber er ruft nur einmal, ist offenbar weiter gestreunt.
Mit diesem Kuckucksruf, der den kommenden Hochfrühling ankündigt, geht die erste große Singestart- und Rückkehrwelle der Vögel zu Ende.
Denn auch alle „ … kehlchen“ haben sich singend zurück gemeldet. Ob blau, braun, rot oder schwarz, sie gehören sämtlich zur großen Familie der Fliegenschnäpper, diesen einfallsreichen Sängern und Insektenfängern, die den Drosseln nahe stehen.

Rotkehlchen

Als Erste hatten natürlich die Rotkehlchen ihren Auftritt. Vertraute Gestalten, die bei uns überwintern, meist verstärkt durch nordische Gäste, und als Herbst- und Wintersänger – und -sängerinnen! – bekannt sind.
Zur Zeit trällern sie aus voller Kehle.
Hier singt an einem frostigen Morgen vor Sonnenaufgang – ich habe minus 6°C notiert – ein Rotkehlchen seine besondere Liedversion. Diese Version gehört dem frühen Frühling an, mit langen Intervallen und ausgefallenen Motiven, bewegend und glasklar:

Rotkehlchemn, Dawn-Gesang
Glasklarer Gesang in der Morgendämmerung

ein Rotkehlchenlied in der Morgendämmerung, mit langen Intervallen und ausgefallenen Motiven

Und hier singt – obwohl ebenfalls an einem frostigen Morgen – eines im Vollgefühl des Frühlings, mit langen Trillern und triumphalen Kaskaden:

♫ ein Rotkehlchenlied mit langen Trillern und triumphalen Kaskaden ♫.

Schwarzkehlchen

Als Nächste setzten die Schwarzkehlchen ein. Sie sind keine Langstreckenzieher, sondern überwintern im Mittelmeerraum und kommen oft schon Mitte März zurück, um in ihre Brutreviere einzurücken.
Zum Beispiel in den Raistinger Wiesen.
Auch dies eine gezähmte Landschaft mit Weidezäunen und Pferdekoppeln und einem breiten Weg mittendurch. Doch mittendrin liegt ein kleines Wiesenbrüterschutzgebiet, in dem Schwarz- und Braunkehlchen, Wiesenpieper und Feldlerchen ihre Jungen großziehen.

Kurz nach Frühlingsbeginn, Ende März. Es ist sehr kühl, die Luft ist diesig, der Himmel trübe, als ich auf den kleinen Bach und die blattkahle Hecke zugehe, die das Schutzgebiet hier begrenzen.
Nichts los, denke ich. Aber dann, ein paar Schritte weiter, höre ich sie schon, und meine skeptische Anfangsenttäuschung schlägt in aufgeregte Freude um. Tatsächlich, sie sind nicht nur da, sondern trotz der Kälte in großer Singelaune: zwei Männchen sitzen in Busch und Baum, wechseln hierhin und dahin und scheinen einander zu antworten.

ein Schwarzkehlchen singt Ende März in den Raistinger Wiesen

Es kostet Zeit und viel Geduld, bis eines so günstig nahe kommt, dass ich den Gesang gut aufnehmen kann. Günstig heißt vor allem, dass ich das Mikro nicht in Richtung Straße richten muss – das Geräusch rollender Reifen ist trotz der Entfernung schon zu groß und würde alles verderben.
Ja, wie soll man dieses Lied beschreiben? Hoch angesetzt, etwas klirrend, nicht so einfallsreich wie das der Braunkehlchen, auf rührende Weise innig. Wie gut es in die halmenstarre, doch erwartungsvolle Dürre dieser Märzlandschaft passt!

Blaukehlchen

Ende März rückt auch die „nordische Nachtigall“ wieder in unsere Schilfgebiete ein. Einige haben im Mittelmeergebiet überwintert, andere in Afrika und dafür zweimal die Sahara überflogen.
Für mich – und für viele andere, wie ich bei meinen Vogelführungen erfahren habe – ist und bleibt der Anblick des Männchens mit seiner blitzblauen Brust ein spektakuläres Ereignis. Noch dazu, wenn es beim Singen seinen weißen „Stern“ demonstriert und ihn im Takt der Strophe kleiner und größer werden lässt!

ein langer Blaukehlchengesang von der Greunen Stee in Borkum

Blaukehlchen gelten zur Zeit als nicht gefährdet, denn als Anpassungskünstler haben sie sich neue Lebens- und Überlebensräume inmitten intensiver Landnutzung erschlossen: Baggerseen zum Beispiel, Schilfgräben, Raps- und Getreidefelder.
Dennoch sind sie nicht häufig zu sehen. Am Ammersee oder Zellsee, die zu ihren Brutarealen gehören, verlieren sich Gestalt und Gesang leicht in den Weiten der Schilfbestände.
Optimal ist dagegen ein Gang durchs Grabenstätter Moos, das dem Chiemsee vorgelagert ist. Hier sind die Blaubrüstchen Anfang April diesen Jahres vom Schnee überrascht worden. Und hier habe ich sie in den letzten Jahren Ende März/Anfang April oft mitten auf dem Weg gesehen und konnte mit Augen, Ohren und Mikro ganz aus der Nähe ihrem Fluggesang folgen:

ein Blaukehlchen-Fluggesang im Grabenstätter Moos am Chiemsee

Typisch ist der schleppende Beginn der Strophen, die allmählich beschleunigt werden, um in lange variable Passagen mit Imitationen, melodischen Klängen und scharfen Tönen einzumünden. Nachtigallenähnlich? Wohl kaum. Aber schön, auf Blaukehlchenart!

Braunkehlchen

Als Letzte sind nun die Braunkehlchen erschienen. Noch überwintern unsere Whinchats alle in Afrika und müssen Jahr für Jahr wie der Kuckuck die Sahara überqueren. Um in ein Brutgebiet zurück zu kommen, das ihnen mehr und mehr die Lebensgrundlage entzieht. Denn sie sind auf extensiv genutztes, mäßig feuchtes Grünland angewiesen. Und wo findet sich das noch? Folglich stehen sie, die ehemals so weit verbreiteten, bei uns auf der Roten Liste und sind vom Aussterben bedroht.

Aber noch lassen sie sich finden, die Hübschen mit dem langen Überaugenstreif. Sitzen in den Raistinger Wiesen wieder auf Weidezäunen oder an dünnen Halmen, singen und singen.
Ihr Lied ist sehr abwechslungsreich.
Vor Jahren hat sich ein Männchen zwei Wochen lang hier bei uns am Egelsee niedergelassen und täglich lang, intensiv und kunstvoll gesungen, auf einem Teppich von Feldgrillenzirpen – schöner, dachte ich, kann man nicht werben. Dennoch hat sich kein Weibchen eingestellt. Kein Braunkehlchenweibchen jedenfalls. Nur ich habe ihm zugehört, die Krähen vielleicht, die Lerchen, die Wiesen, der Wind. So ist es am Ende weiter gezogen.

♫ klangvolle, imitationsreiche Strophen eines einsamen Braunkehlchenmännchens am Egelsee ♫

Sehr deutlich sind zum Beispiel Hausrotschwanzimitationen (0:40.1:00, 1:27, 1:36, 1:53) und Zilpzalpimitationen (0:42, 0:47, 2:30) integriert. In 3:30 eine besonders klare Imitation des Buchfinkenschlags

Jetzt ruft zu all diesen Frühlingsliedern auch wieder der Kuckuck. Was ihm – denn die Weibchen können’s auch! – sogar ♫ im Duett ♫ gelingt.